4.11. Dank & Fazit

Unsere Abschlussworte teilen sich dieses Jahr erneut in zwei Abschnitte. Den
ersten Part bilden die möglichen individuellen Einschätzungen der einzelnen
Vorstandsmitglieder mit dem besonderen Fokus auf die eigenen Ziele,
Arbeitsfelder und Entwicklungen. Daran schließt sich der Teil mit gemein-samem
Dank und Fazit an.

Annka Meyer

Ein halbes Jahr ist jetzt schon rum, seitdem ich im November mein Amt antreten
durfte und ehrlich gesagt frage ich mich, wo die Zeit geblieben ist. Dabei sind
unzählige Stunden im Büro und vor dem PC vergangen, die offensichtlich aber sehr
kurzweilig waren. Vielleicht liegt es an der Schnelllebigkeit dieses Amtes. Man
ist ständig in neuen Terminen und mit neuen Fragestellungen beschäftigt. Das
macht es nicht immer ganz leicht, aber auf der anderen Seite unheimlich
spannend. Und ehe man schnipsen konnte, sind ein, zwei, drei, manchmal auch vier
Stunden schon wieder rum.

Mein erster Arbeitstag ist mit dem ersten Tag des zweiten Lockdowns
zusammengefallen. Das bedeutet ich habe in meiner bisherigen Arbeitszeit noch
kein volles Büro erlebt, war bisher auf keiner Diözesanversammlung und auch
keiner anderen Versammlung physisch anwesend. Der direkte Kontakt zu
Pfadfinder*innen bundesweit und Mitarbeiter*innen, den ich gerade für die
Anfangszeit eines solchen Amtes als wertvoll erachte, fehlt mir sehr. Dennoch
habe ich das Gefühl langsam in den Arbeitsfeldern Fuß fassen zu können und
anzukommen. Das liegt unter anderem an der guten Zusammenarbeit mit Joschka und
Matthias, aber auch an vielen freundlichen und wertschätzenden Gesprächen mit
den Mitarbeiter*innen, den Mitgliedern unterschiedlicher Gremien,
Arbeitsgruppen, Arbeitskreisen und Diözesanversammlungen. Auch wenn diese
Unterhaltungen im digitalen Rahmen stattfinden, nehme ich sie als zielführend
und wohltuend wahr. Dennoch kann ich es kaum erwarten, Euch alle hoffentlich
bald ein erstes, zweites oder drittes Mal wirklich und in echt (wieder-) zu
sehen.

Besonders beeindruckt hat mich die Themenfülle, der man als Bundesvorsitzende
ausgesetzt ist. Ich kann diese nicht in eine Richtung bewerten. Die Vielfalt der
Arbeitsbereiche ist unheimlich interessant und ich freue mich ständig neue
Sachverhalte lernen zu dürfen. Dennoch habe ich zwischenzeitlich das Gefühl,
dass eine Verringerung der Themen zu mehr Arbeits-, Lebens- und vor allem
Ergebnis-Qualität führen könnte, weil sich hierdurch die Möglichkeit ergeben
kann sich intensiver mit bestimmten Sachverhalten zu beschäftigen. Die
vergangenen 6 Monate haben mir aber gezeigt, dass ich mit der benannten
Themenfülle auch gut zurechtkommen kann.

Insgesamt bin ich sehr zufrieden, hoffe allerdings, dass die Pandemie und somit
auch die dazu-gehörigen Einschränkungen sich bald verringern, damit ich mein Amt
endlich in ganzem Umfang kennenlernen kann. Ich bin zuversichtlich, mir auch in
Zukunft neben der Arbeit Freiräume einrichten zu können und rundum zufrieden zu
bleiben.

Joschka Hench

Am Ende steht für mich der Eindruck, dass das noch nicht der Schlusspunkt sein
soll. Und das trotz dieses außergewöhnlichen Jahres. Trotz viel zu vieler
Stunden, die vor dem Bildschirm anstatt am Lagerfeuer verbracht wurden. Trotz
all der Energie, die umsonst in Planungen gesteckt wurde, ohne dass begeisterte
Pfadfinder*innen mit leuchtenden Augen nach zu kurzen Nächten heimgekommen sind.
Trotz all der schwierigen, teils unvergleichbaren Entscheidungen, die in
ungewohnten, oft unpersönlicheren Rahmenbedingungen ohne all die guten
Seitengespräche getroffen werden mussten.

Der abrupte und unerwartete Wechsel in den Pandemiemodus und die bestmögliche
Bewältigung der Situation war sicherlich die Hauptaufgabe im vergangenen Jahr.
Aufgrund der unheimlichen Dynamik der Situation und der Notwendigkeit viele
Entscheidungen in ganz unterschiedlichen Bereichen zu treffen, bin ich mit dem
Start und auch der weiteren Bearbeitung der Krisensituation im Großen und Ganzen
zufrieden, auch wenn sicherlich an der ein oder anderen Stelle mehr
Kommunikation und Einbindung gewünscht wurde.

Offensichtlich ist, dass durch diese Ausnahmesituation verständlicherweise viele
Themen hinten anstehen mussten und nicht die gewünschte Aufmerksamkeit bekommen
konnten. Dies gilt beispiels-weise für die Arbeitskreisbegleitung, die
Bundesstufenunternehmen und das Thema Ausbildung. Außerdem wurde durch das
Wegfallen der Reisen auch die persönliche Präsenz in den Diözesan-verbänden –
auf ein aus meiner Sicht zu geringes Maß – reduziert. Diese Begegnungen fehlen
schlicht und damit entfällt ein für mich wichtiger sinnstiftender Faktor des
Wirkens als Bundesvorstand.

Unheimlich viel Kraft hat auch die Arbeit im Rechtsträger gezogen. Hier habe ich
den Eindruck, dass wir als Bundesvorstand in der jetzigen Konstellation einen
Konflikt in der Mitgliederversammlung „ge-erbt“ haben, der seit zweieinhalb
Jahren brodelt und sich gerade im vergangenen Jahr noch einmal zugespitzt hat.
Das Vermitteln zwischen den verschiedenen Personen, um eine Handlungsfähigkeit
zu gewährleisten, hat mich mehr Energie und Aufmerksamkeit gekostet, als ein
Bundesvorstand meines Erachtens in den Rechtsträger stecken sollte. Gerade
dieses Spannungsfeld hat immer wieder dafür gesorgt, dass die Belastungsspitzen
mehr als grenzwertig waren. Hier hoffe ich darauf, dass die Bundesversammlung
dieses Mal eine arbeitsfähigere Mitgliederversammlung wählt.

Ähnlich anstrengend waren für mich die beiden Bundesversammlungen letztes Jahr.
Hier hatte ich sowohl auf der 86., als auch auf der 87. BV den Eindruck, dass
Themenfülle, Arbeitspensum und die erreichten Erfolge nur bedingt wahrgenommen
wurden. Vielmehr habe ich jeweils ein hohes Maß an negativer Kritik erlebt, die
ich oft auch auf mich als Person bezogen habe.

Aufgewogen wurden all diese Mühen allerdings durch die vielen positiven
Erfahrungen im vergangenen Jahr. Der Zusammenhalt und das Anpacken, gerade auch
im Hinblick darauf, aus der Situation rund um Corona das Beste zu machen, hat
motiviert und der Einsatz und das Herzblut vieler Wegbegleiter*innen ist
beeindruckend und bereichernd. Gerade das Gefühl, das ich in vielen Situ-ationen
spüren konnte, nämlich dass wir gemeinsam an einem Strang ziehen, stärkt und
trägt auch durch schwierige Zeiten. Dies gilt insbesondere für die große
Unterstützung im Bundesvorstand, im Bundesamt, im e.V.-Vorstand und in der BL.

Dazu kommen viele spannende Themen, sei es die Weiterarbeit an den GSAT-
Ergebnissen, das Thema Aufarbeitung, die Weiterentwicklung von BL und Bundesamt
oder das ALT: Die Selbstwirksamkeit, die ich dadurch im Amt des
Bundesvorsitzenden spüren konnte und die Gestaltungsmöglichkeiten, die sich
auftun, sind die Entwicklungsfelder, die mich reizen. Und weil viele dieser
Themen noch mitten im Fluss sind und ich mit vielen Menschen im Verband noch
mehr gemeinsame Erfahrungen machen möchte, habe ich den Eindruck, dass für mich
ein Endpunkt jetzt zu früh wäre.

Matthias Feldmann

Jetzt geht das letzte Jahr meiner ersten Amtszeit als Bundeskurat stark auf das
Ende zu und ich muss feststellen, dass damit die Hälfte der Amtszeit von der
Corona-Pandemie geprägt ist. Im letzten Jahr waren wir noch ganz optimistisch –
„die zweite Bundesversammlung 2020 im Herbst werden wir ja sicher wieder in
Präsenz halten können…“ – und jetzt tagen wir zum dritten Mal digital. Das hat
vieles verändert, lässt gerade den direkten Kontakt mit Menschen in unseren
Gremien, bei den Diözesan-versammlungen und Veranstaltungen auf Bundesebene
wegfallen – und damit das, was Pfadfinder*in-Sein doch eigentlich ausmacht und
was auch ein Ausgleich für viele Stunden vor dem Bildschirm ist. Das hat zu
enormen Belastungen bei den verschiedenen Gremien und ihren Mitgliedern geführt
und auch ich persönlich hatte das Gefühl, dass noch weniger Zeit als sonst für
inhaltliche Themen blieb, weil so viele Dinge organisiert werden mussten. Ich
war beeindruckt, wie glatt unsere Bundes-versammlungen und viele andere Treffen
technisch in dem digitalen Format gelaufen sind. Zugleich war ich besonders bei
den BVs unzufrieden, wie manche Dinge im Umgang miteinander gelaufen sind und
vor allen Dingen, dass es mir nicht gelungen ist, an der einen oder anderen
Stelle einen besseren Umgang mit Menschen und Themen zu schaffen. Ich habe im
vergangenen Sommer und nach der 87. BV sehr lange und intensiv überlegt, ob ich
noch einmal kandidieren soll, weil das Jahr schon sehr an meinen Kräften gezehrt
hat. Aber es gab eben auch tolle neue Ideen, viele Initiativen, das Pfadfinden
lebendig zu halten und gute Zusammenarbeit mit ganz vielen von euch, mit den
hauptberuflichen Mitarbeiter*innen im Bundesamt und den Kurat*innen. Deshalb bin
ich dankbar für die erste Amtszeit und würde gern mit euch gemeinsam auch den
Weg aus der Pandemiesituation hinaus in unserem Verband gestalten, weil ich
denke, dass auch das viele neue Herausforderungen mit sich bringen wird.

Dank und Fazit des Bundesvorstandes

In diesem Jahr sind uns große Veränderungen im Verband und damit auch im
Bundesvorstand – genau wie in unserer ganzen Gesellschaft und in der
internationalen Gemeinschaft – durch ein Virus beschert worden. Veränderungen,
die wir zunächst nur sehr eingeschränkt aktiv gestalten konnten. In erster Linie
waren da Geduld und Vernunft gefragt und die Anstrengung, unseren gemeinsamen
Beitrag zum „Abflachen der Kurve“ zu leisten. Aber ganz bald haben sich auf
allen Ebenen dann doch viele Gestaltungsmöglichkeiten und viel Kreativität
gezeigt, sei es im hilfreichen Einsatz für Menschen in der Nachbarschaft und in
der Ferne oder beim Entwickeln von Aktivitäten und Begegnungsmöglichkeiten für
unsere Gruppen.

Das hat uns allen viel abverlangt: Den Verzicht auf viele persönliche
Begegnungen, die Umstellung auf neue Formate, sehr häufige und wiederkehrende
Überlegungen wie: was ist gerade rechtlich erlaubt und was können wir persönlich
verantworten?

Wir danken allen, die sich diesen Herausforderungen gestellt haben und trotz der
grundlegenden Veränderungen in ihrem persönlichen Alltag auch die Arbeit im und
für unseren Verband aufrechterhalten haben. Die auch unter diesen schwierigen
Umständen den Kontakt zu den Kindern und Jugendlichen gehalten haben. Die in
unseren Gremien die Unsicherheit und das immer wieder neu Planen ausgehalten
haben. Die auch in schweren Zeiten diejenigen im Blick behalten haben, die es
noch schwerer haben, sei es direkt nebenan oder in der weiten Welt.

Wir danken auch unseren hauptberuflichen Mitarbeiter*innen in den verschiedenen
Einrichtungen und Abteilungen, die ebenfalls alles getan haben, die Auswirkungen
der Pandemie für unseren Verband möglichst gering zu halten. Die geduldig unter
den verschiedenen Regeln weiter gearbeitet haben. Die erhöhtes Arbeitsaufkommen
gestemmt oder auch Kurzarbeitsregelungen zugestimmt haben. Die uns als Vorstand
und die Ehrenamtlichen in den Gremien so gut wie irgendwie möglich unterstützt
und begleitet haben.

Beim Blick nach vorne sind wir gespannt, ob wir in der jetzigen Konstellation im
Vorstand weiter zusammenarbeiten werden oder ob wieder Abschied und ein Neustart
anstehen. Vor allen Dingen sind wir aber gespannt, wann und wie wir den Weg aus
dem Lockdown in eine „neue Normalität“ mit weniger Einschränkungen starten
können und wie wir alle gemeinsam einen guten Neustart für unseren Verband
hinbekommen.

Auf jeden Fall ist es ein zuversichtlicher Blick nach vorn, weil wir so viel
Energie und Einsatzbereitschaft in unserem Verband sehen, dass wir fest davon
ausgehen, dass es ein guter Neustart werden wird. Sicher werden wir manche neu
entdeckten oder gelernten Dinge aus dieser Zeit auch zukünftig gut einsetzen
können und andere liebgewonnene, erst wieder richtig zu schätzen wissen, wenn
sie wieder möglich sind.

Sprecht uns auch vor oder während dieses Neustarts gerne jederzeit an, mit euren
Fragen, Wünschen und Rückmeldungen. Wir freuen uns auf den Austausch und die
kommenden persönlichen Begegnungen – möglichst bald auch wieder außerhalb von
Bildschirmen.

Vielen Dank und Gut Pfad

Annka Meyer, Joschka Hench und Matthias Feldmann