Veranstaltung: | 92. Bundesversammlung 2024 - Anträge |
---|---|
Antragsteller*in: | Anne Raderschall (Delegierte Jungpfadfinderstufe), Denja Charvin (Diözesanvorsitzende DV Köln), Jana Flesch (Delegierte Wölflingsstufe), Katrin Bock (Delegierte Pfadfinderstufe), Hannah Antkowiak (Delegierte Internationale Gerechtigkeit) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 26.03.2024, 18:03 |
A21: Politische Bildung vertiefen – dem Rechtsruck entgegenstellen
Titel:
Einleitung (optional, gehört nicht zum Beschlusstext):
„Als Pfadfinder*innen sind wir politisch und politisch aktiv. Auf Grundlage unserer pfadfinderischen und christlichen Werte entwickeln wir eine Meinung zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen. Wir haben eine Stimme, die wir erheben. Das tun wir, indem wir öffentlich Stellung beziehen, für unsere Meinung eintreten und Gesellschaft mitgestalten.“ - Ordnung der DPSG, S. 25
Die 92. Bundesversammlung möge beschließen:
Der DPSG-Bundesverband bekennt sich entschieden zu seinen Grundwerten als
Pfadfinder*innenverband. Wir stehen mit unserem Handeln für eine demokratische
Gesellschaft, die die Grund- und Teilhaberechte jeder*jedes Einzelnen schützt.
Wir setzen uns aktiv gegen Diskriminierung und jegliche Form von
Rechtspopulismus ein.
Durch die öffentliche Wirkung und Einflusskraft des Bundesverbands soll das
Thema breit gesellschaftlich platziert werden – öffentlich sowie verbandsintern.
Als Jugendverband sind wir Werkstatt und Lernort der Demokratie. Wir setzen uns
innerhalb unserer Strukturen für demokratisches Handeln und politische Bildung
ein. Damit fordern wir alle wahlberechtigten Mitglieder der DPSG auf, ihr
Stimmrecht bei allen anstehenden Wahlen wahrzunehmen.
Politische Bildung (z. B. Antirassismusarbeit und demokratische Willensbildung)
wird in den Treffen, Veranstaltungen, Fortbildungen und Publikationen des
Bundesverbands priorisiert thematisiert. Alle Arbeitskreise, Arbeitsgruppen und
sonstigen Gremien prüfen die Möglichkeit, Aktionen und Angebote zur politischen
Bildung für ihre Zielgruppe anzubieten. In einem nächsten Schritt werden
zielgruppenspezifische Aktionen und Methoden entwickelt, veröffentlicht und
durchgeführt.
- Aktualisierung und intensive Verbreitung der vorhandenen Arbeitshilfen
(Pfadfinden ist politisch) für Leitende zur politischen Bildung von
Kindern und Jugendlichen im Verband
- Zusammenarbeit mit dem BDKJ, dem rdp sowie dem Deutschen Bundesjugendring
zum Themenbereich politische Bildung
- der Einladung aller Pfadfinder*innen, an demokratischen Demonstrationen
teilzunehmen und Angebot der Unterstützung hierbei
- der Veröffentlichung von Statements zur Position des Bundesverbands zu
aktuellen politischen Entwicklungen auf Basis der Ordnung und
vorhergehender Beschlüsse
Im Bewusstsein unserer Verantwortung für demokratische Werte und
gesellschaftliche Teilhabe setzen wir als DPSG-Bundesverband klare Zeichen gegen
Diskriminierung und Rechtspopulismus. Mit diesem Beschluss unterstreichen wir
nicht nur unser Engagement für politische Bildung innerhalb unserer eigenen
Strukturen, sondern streben auch eine breite gesellschaftliche Wirkung an. Durch
vielfältige Maßnahmen und Aktionen, sowohl intern als auch öffentlich, wollen
wir aktiv dazu beitragen, demokratische Prinzipien zu stärken und unsere
Mitglieder als aktive Gestalter*innen einer demokratischen Gesellschaft zu
befähigen. Wir laden die Diözesanverbände der DPSG ein, diesen Beschluss auch
auf ihrer Ebene aktiv anzuwenden.
Begründung der Antragsteller*innen:
Die aktuelle politische Entwicklung in Deutschland ist besorgniserregend, was wir zum Anlass nehmen, noch stärker für unsere Werte einzustehen und sie breiter im Verband zu positionieren.
Im November 2023 trafen sich radikale Rechte mit Deportationsfantasien in Potsdam, wie das Recherchekollektiv Correctiv im Januar 2024 veröffentlichte. Anwesend waren auch Politiker der AfD, die in Parlamente gewählt sind. Seit der Veröffentlichung dieser Recherchen fanden in unzähligen großen, aber auch kleinen Städten Demonstrationen für Vielfalt, Demokratie und ein buntes Deutschland statt, an denen neben unterschiedlichsten Initiativen und Gruppierungen auch viele Pfadfinder*innen in Kluft teilnahmen. Diese Demonstrationen der breiten Gesellschaft sind ein wichtiges Zeichen für unsere demokratische und offene Gesellschaft, können jedoch nur ein kleiner Beitrag sein, dem eklatanten Rechtsruck etwas entgegenzusetzen.
Im Juni dieses Jahres findet die Europawahl statt. Rechtspopulistische und rechtsextreme Tendenzen sind nicht nur innerhalb der deutschen Politik, sondern auch in unseren Nachbarländern zunehmend zu beobachten. Hierüber muss verstärkt informiert werden, vor allem, weil diese Europawahl erstmals für alle Wählenden ab 16 Jahren zugelassen wird. Es gibt also, auch innerhalb des Verbandes, eine noch größere Gruppe Erstwählende als sonst, für deren politische Bildung wir uns (mit-)verantwortlich zeigen.
Erstwählende finden sich in unseren Strukturen unter den Mitgliedern der Roverstufe, aber auch unter den jungen Leitenden. Es ist unsere Aufgabe, verstärkt sie, aber auch allen anderen Kinder, Jugendlichen und Erwachsene im Verband bei ihrer politischen, demokratischen Meinungsbildung zu unterstützen.
Bei den jüngsten Landtagswahlen im Oktober 2023 in Hessen und Bayern hat die rechtspopulistische Partei AfD Höchstwerte vor allem bei jungen Wählenden erreicht. In Bayern hat die AfD 15 % der Stimmen erreichen können. Unter den jungen Wählenden (18-24 Jahre) sind es 16 %, in der Altersgruppe 25-34 Jahre sogar 18 %. Bei der Landtagswahl in Hessen lagen die Ergebnisse sogar noch höher: 18 % bei den 18-24-Jährigen und 20 % bei den 25-34-Jährigen für die AfD[1]. Mit Blick auf die im Jahr 2024 stattfindenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg rütteln diese Zahlen auf. Insbesondere diese Landesverbände sind die umfragestärksten der AfD, rechtspopulistische Narrative sind dort bereits tief in den gesellschaftlichen Diskurs eingesickert.
Innerhalb unserer Verbandsstrukturen ist dies keineswegs der erste Antrag, der sich mit der Thematik beschäftigt. Wir möchten diesen Antrag daher in den Kontext von zwei vorhergehenden Anträgen stellen. 2016 haben wir auf der Bundesversammlung einen Antrag mit dem Titel „Wir sind bunt – gegen die Drachen unserer Zeit“ beschlossen, der sich ebenfalls gegen die AfD ausgesprochen hat.
Die DPSG stellt sich bewusst und öffentlich gegen jede Form von Diskriminierung und Rechtspopulismus, wie sie insbesondere die Partei Alternative für Deutschland (AfD) durch ihre Inhalte propagiert.
Wir rufen daher alle Pfadfinderinnen und Pfadfinder, gleich welchen Verbandes, welcher Religionszugehörigkeit oder Herkunft, alle Ehemaligen und alle Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger in Kirche, Gesellschaft, Wirtschaft und Politik dazu auf, Position gegen diese gesellschaftliche Entwicklung zu beziehen. Hierunter verstehen wir aktiven, lautstarken und friedlichen Protest.[2]
Auf der Bundesversammlung 2017 haben wir den Antrag „Pfadfinden ist politisch – wir mischen uns ein!“ beschlossen, einen umfassenden Aufruf, demokratische Werte zu stärken.
Beide Anträge sind unverändert brennend aktuell und ihre Inhalte dürfen nicht in Vergessenheit geraten, sondern brauchen konkrete Handlungen.
[1] vgl. tagesschau.de
Unterstützer*innen
- Marc Eppel
- Anton-Pauli Dallmeier
- Maren Mathar